Donnerstag, 11. Juni 2020

Die neuen 100%

Hallo da draußen!



Es wird etwa ein Jahr dauern bis ihr Körper sich erholt hat und wieder auf 100% ist, aber es werden nicht mehr die gewohnten 100% sein.
Das waren letztes Jahr mal die Worte meines Onkologen.

Ja die Leistungsfähigkeit ist eine andere und das in allen Bereichen.
Und ja noch immer bin ich dabei mich damit zu arrangieren, auch weil es täglich variiert.

Montag war ich auf Wanderung. Gute 10,5 km mit ordentlich bergauf und bergab.
Ich war angenehm erschöpft und glücklich.

Dienstag hatte ich bissel Muskelkater in den Waden, nicht schlimm.
Kurzfristig hab ich vormittags die Ausbildung moderiert und war mittags dann platt, das ich mich erst mal zu einem Nickerchen hin gelegt habe. Am Nachmittag ging dann auch nicht mehr viel.

Mittwoch hatte ich früh Lymphdrainage, hab hier im Haushalt gewirbelt und noch bisschen Büro gemacht. Abends hatte ich SHG der NetzwerkstattKrebs, anderthalb interessante aber auch anstrengende Stunden. Da ging dann nix mehr.

Heute Müdigkeit und Knieschmerzen, aber ich setz mich später noch an das Korrekturlesen eines Buchentwurfes.

Das sind meine neuen 100%.
Ich frag mich wie ich das vor der Diagnose mit Job, Haushalt, Garten und Pupertist so hinbekommen hab. Unvorstellbar momentan.

Das ist das, was uns Krebis schwer fällt zu akzeptieren und umzusetzen und noch schwerer ist es für alle drumherum zu verstehen.
Die Krankheit ist doch vorbei, die Haare sprießen wieder, man sieht wieder gesund aus, aber man ist körperlich und seelisch ein anderer geworden.
Man braucht mehr Pausen, man schafft ein anderes Pensum.

Mir hilft da viel der Austausch mit anderen Betroffenen, meine Ausbilderin die mich immer gut einschätzt und meine Offenheit.
So ist das zumindest in meinem Umfeld bekannt.

Und all die anderen da draußen?
Gestern hab ich mal wieder gelernt, nicht jeder wird gut betreut, leider.
Aber viele haben den Mut und die Kraft sich Unterstützung in der Selbsthilfe zu suchen oder psychoonkologische Angebote in Anspruch zu nehmen.

Das ist wichtig, nicht nur für die Patienten, auch für Familie, Freunde, Kollegen, Chefs, Mitschüler und Lehrer.

Scheut euch deshalb nicht, euch Hilfe und Informationen zu suchen bzw. auch anzubieten.
Manch einer wartet schon lange darauf!


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