Donnerstag, 20. Juni 2019

Abschied

Es ist die letzte Nacht.
Die letzte mit Brüsten und vor allem die letzte mit Horst und seinem Gefolge.

Ich liege hier in meinem Zimmer bei Froschkonzert und geöffnetem Fenster und genieße die laue Sommernacht.

Inzwischen war die Nachtschwester da und hat sich nach meinem Befinden erkundigt und mir Mut zugesprochen.

Mut ist so ein großes pathetisches Wort.

Ich habe mich schlicht und ergreifend für Sicherheit und vor allem für ein langes Leben entschieden, nicht weil ich mutig bin sondern weil ich meinen Allerwertesten in Sicherheit bringen möchte, weil ich meiner Familie noch lange erhalten bleiben und meinen Sohn weiter begleiten möchte.
Und weil ich noch ganz viel Zeit mit Andreas haben will, schließlich haben wir uns erst kürzlich (na ja 2015) wieder gefunden.

Wo keine Brust, da kein Brustkrebs!

Es wird morgen kein Spaziergang werden.
Die OP dauert etwa 3h, es werden große innere Wunden sein.
Ich bekomme länger als die letzten beiden Male Narkose und diesmal auch einen Blasenkatheter, damit ich wirklich nicht aufstehen muss gleich nach der OP und ich meinen Rausch dann gut ausschlafen kann.
Mein Magen wird abgeschirmt, ebenso die Wunden mit Antibiotika.
Es wird alles getan was möglich ist, ich werde hier wie immer bestens und vor allem sehr herzlich versorgt.
Die Schwestern vom Nachmittag wollen mich mit Fencheltee und Zwieback verwöhnen, na da geb ich mir doch Mühe am späten Nachmittag wieder momentan zu sein.

Vielleicht habe ich deswegen keine große Angst.
Nicht vor morgen jedenfalls.

Eher davor, das ich mich 3 Tage mit der Drainage amüsieren muss (und das ist echt unangenehm) und das ich wohl paar Tage Schmerzmittel benötigen werde und jemand der mir im Bad und mit dem Anziehen hilft.

Ich habe keine Vorstellung wie es werden wird so ohne Brust, wie es aussieht und sich anfühlt.
Aber wenn ich ehrlich bin, dann freue ich mich wirklich auf die ganzen trägerlosen schulterfreien rückenfreien Oberteile, die ich bisher nie tragen konnte.
Auf kleine niedliche BH's, in die die Ersatzmöpse gestopft werden, wenn ich die denn überhaupt trage.
Ich freue mich auf die Zeit, von der ich sagen kann das sie ohne Horst sein wird.
Der wird morgen fachgerecht entsorgt, nachdem er noch mal untersucht wurde.

Ich habe mir heute bewusst das Zimmer ganz hinten am Ende des Gang's geben lassen, ich habe bewusst hier gesessen und zum Fenster raus geguckt, ich bin ganz bewusst noch spazieren gewesen.
Ich habe diese Zeit noch mal gebraucht.

Morgen beginnt ein neuer Abschnitt und das Kapitel Horst wollte ich bewusst beenden, wenn er schon holterdipolter in mein Leben gestolpert kam.

In diesem Sinne vielen vielen Dank für die guten Wünsche, eure Daumen, Gedanken und Gebete - ich werde sie morgen alle in Anspruch nehmen.



Montag, 10. Juni 2019

Glück im Unglück

Oder warum es wirklich wichtig ist all seine Beschwerden zu offenbaren.

Ich bin seit Samstag wieder zu Hause.
Noch bissel schlapp und mit nem kneifen in der Keiste von der Herzkatheter Intervention.

Das Stück Schlauch, immerhin gute 2-3cm lang, konnte nach ner knappen Stunde gefasst und entfernt werden.
Es lag im rechten Vorhof vor der Herzklappe zum U eingeklappt.
Der nette und vor allem optimistische Arzt erklärte mir, das ich nicht die erste damit sei und man das Stück Katheterschlauch auch dort belässt, falls es angewachsen sein sollte.
Zum Glück war es das nicht und konnte raus geholt werden, denn ich empfinde es eine beunruhigende Vorstellung das da was im Herzen festsitzt, was da so überhaupt gar nicht hingehört.

Die Katheter Nummer selber ist nicht schlimm.
Ich habe ehrlich zugegeben, das ich mehr als aufgeregt bin und gerne was zur Beruhigung hätte.
Dem wurde prompt entsprochen, ich bekam was gespritzt, war beruhigt, konnte der Untersuchung folgen und mit Arzt und Pfleger reden.
Der Einstich in der Leistengegend tut nicht weh, unangenehm empfand ich eigentlich nur das Einführen der Schleuse. Aber auch da bekam ich dann noch mal was gespritzt plus zusätzlich Xylogel.
Man muss wirklich nichts aushalten und alle kümmern sich ganz lieb um einen.

Nachdem ich den restlichen Freitag dann im Bett mit meinem Druckverband verbracht habe, wurde dieser Samstag entfernt und ich nach Hause entlassen.
Momentan gilt schonen, nicht schwer heben und tragen, nicht baden.
Sitzen ist doof, laufen auch nicht so der Brüller.

Und leider bedeutet das ganze auch, das ich nen neuen Termin für die OP vereinbaren muss.

Aber, um es mit den Worten vom Oberarzt Hupfer auszudrücken, es ist mir zu verdanken das vor der OP geguckt wurde was da los ist, sonst hätten wir ne böse Überraschung erleben können.

Also ist nach der Komplikation mal wieder vor der OP.

In diesem Sinne wünsche ich euch einen schönen Pfingstmontag.
Genießt die Zeit.


Gerne dürft ihr den Post weiterverbreiten und auch mein Briefkasten freut sich immer über liebe Post.

Donnerstag, 6. Juni 2019

Rabattkarte wäre dann voll

Wie war das mit dem Personalrabatt???

Der Portkatheter ist abgerissen und ein Teil davon in mein Herz gewandert
😱😱😱😱

Hätte ich heute nicht noch mal erwähnt, das das spülen vor vier Wochen nicht ging, hätte es morgen eine unangenehme Überraschung zur OP gegeben.

Glücklicherweise sind hier alle sehr umsichtig und arbeiten Hand in Hand, so das noch ein Röntgen eingeschoben werden konnte und wir die Bescherung gesehen haben.

Morgen Verlegung ins HBK, dort Herzkatheter wo das Teil entfernt wird.

Man gönnt mir morgen sogar Chefarzt Behandlung und nach ner Nacht zur Beobachtung darf ich dann erst mal heim.

Op wird dann nächste Woche nach dem OK des Chefkardiologen neu terminiert.

Mittwoch, 5. Juni 2019

von Wackeldackeln und Elefantendamen

Schaut doch mal bei Sabine Dinkel vorbei

Sie hat ihre Freundin und Autorin Nele Süß interviewt nachdem diese einen Riss in der Aorta überlebt hat.

5,5 Wochen geschlafen und den allergrößten Scheiss geträumt

Wir haben ähnliches im Freundeskreis mitgemacht dieses Jahr, auch mit Happy End.
Es war keine einfache Zeit für alle umso beachtlicher finde ich den Tatendrang von Frau Süß aus ihrer Geschichte ein Buch zu machen.

Aber hört selbst das Interview auf Sabines Seite.

Montag, 3. Juni 2019

Ein Jahr wie eine Ewigkeit

One year ago, ein Jahr wie eine Ewigkeit ...

So lauten die ersten Zeilen von Falcos Jeanny Part 2.
Und so ähnlich kommt es mir im Moment auch vor.

Heute jährt es sich zum ersten Mal, das Horst aus seiner Deckung kam.
Es war Mehrkampf und ein schrecklich von Liebeskummer und Trennungsschmerz geplagter Sohn ist Erster geworden.
Und ich saß da mit Schmerzen in der rechten Brust nachdem ich es nicht lassen konnte, ebenso wie die Teilnehmer auch 1min Seil zu springen und konnte mich nur in Maßen freuen.
Kühlen, ausstreichen, Wärme alles war ohne Effekt und eigentlich hatte ich da schon ein ungutes Gefühl im Bauch, hab ich nur keinem verraten.

Drei Tage später werde ich zum Frauenarzt gehen, von da sofort zur Mammographie und Stanzbiopsie und eine Woche später wird mir mein lieber Dr. Hupfer erklären, das ich Brustkrebs habe und mir ein beschissenes aber machbares Jahr bevor steht, nachdem ich aber als geheilt betrachtet werden könnte.

Das Jahr vergangen wie im Flug und noch kein Ende in Sicht was Behandlungen und krank sein betrifft.

Aber beschissen???

Okay ein Spaziergang war es defintiv nicht, aber durchweg beschissen auch nicht.
Auf gar keinen Fall.

Ich habe mich durch 16 Chemotherapie Infusionen gekämpft, Haare verloren, Gewicht zugelegt, den Geschmack verloren, irgendwie magnetische Nebenwirkungen und Komplikationen angezogen und trotzdem Spaß am Leben gehabt.

Ich habe gelernt, das ich auf meinen Körper vertrauen kann und vor allem hören muss.

Ich habe gelernt, das man als Krebskranker oft der ist, der tröstet und aufbaut, das das aber etwas ist, was man zurück geben kann bei dem vielem was man erhält von anderen.

Ich habe gelernt, das Freunde für einen da sind, das eher fremde Menschen oder lose Bekannte am Schicksal teilnehmen und einem kleine Freuden bereiten oder eben auch einfach da sind, wenn man mal kein Land sieht.

Ich habe gelernt, das man mit Ärzten reden kann,. Kein Therapievorschlag ist entgültig, man kann alles besprechen und vielleicht passend abwandeln oder ganz anders machen. Aber man muß reden, man muß sagen das einen Nebenwirkungen plagen, das man Angst hat oder irgendwie nicht zurecht kommt. Ärzte sind auch nur Menschen, wenn sie das auch manchmal nicht durchblicken lassen.

Ich habe gelernt, das die kleinen Dinge des Lebens einem so viel Glück und Freude schenken können.
Postkarten, kleine Päckchen, ein Wenn-Album, ein Kommentar zum Blog, Nachrichten per Handy oder Anrufe, Zeit für eine Tasse Kaffee und nen Plausch, Leckerein per Lieferung an die Wohnungstür und und und.

Aus Fremden sind Freund geworden und ich bin öfter der Garant für eine deutliche Senkung des Altersunterschiedes, wenn ich zur irgendwelchen Veranstaltungen aufkreuze.

Ich habe gelernt, die Fäden aus der Hand und die Kontrolle ab zu geben, manches ran kommen zu lassen. Du planst dein Leben und das Schicksal oder wer auch immer die Strippen zieht, lacht sich schlapp.
Was das Leben dir bringt, hast du nur bedingt in der Hand, aber wie du damit umgehst und was du daraus machst, liegt allein an dir.

Diesen Monat wird nun alles noch mal auf Anfang gestellt.
Ende der Woche werde ich zum dritten und letzten Mal (das hab ich jetzt so beschlossen) operiert.
Beidseitige Mastektomie.
Horst fliegt raus und seine Wohnung, in der er gehaust und gewüttet hat gleich mit.

Ein unumkehrbarer Schritt und doch so glaube ich, der Beginn von etwas wunderbar Neuem.


Wir lesen uns wieder, wenn ich wieder zu Hause bin.
Bleibt mir gesund und achtet gut auf euch.


Über Post freue ich mich natürlich immer und die wird mir auch ins Krankenhaus geliefert.