Montag, 15. Juni 2020

2 Jahre D-Day




Schon zwei Jahre her, aber es fühlt sich an wie gestern erst gewesen.


Da sitzen wir nun im Brustzentrum, aufgeregt, nichts ahnend, mit gemischten Gefühlen und hoffen das es falscher Alarm ist.
Wir werden vom Arzt persönlich aufgerufen und ins Zimmer begleitet.
Wir nehmen Platz, neben mir der Arzt, ganz neue Erfahrung, am Schreibtisch Schwester Caro zum mitschreiben.
Wie es mir geht möchte er wissen, was die gestanzte Brust so macht.
Ich erkläre, das ich zwei Tage krank geschrieben war wegen der Schmerzen und jetzt wieder auf Arbeit war. Der Knubbel sei noch da, tastet sich aber anders, kleiner irgendwie. Das ich den 100 mal getastet habe seither, verschweige ich.

Der Arzt nimmt meine Hand, schiebt sich die Brille ganz vor auf die Nasenspitze, guckt dann über selbige und sagt: „Wir haben die Ergebnisse seit gestern, es tut mir leid das sagen zu müssen, aber es hat sich bestätigt, sie haben Brustkrebs!“

BRUSTKREBS!!!
Ich???
Eben war es nur ein doofer Knubbel, jetzt soll das Brustkrebs sein?

Er erklärt was von hormonrezeptorpositiv, von Wachstumsraten und was das für ein blödes Teil ist.
Ich höre Chemotherapie 16 Stück, dann OP brusterhaltend und dann Bestrahlung und dann Reha.
Eigentlich höre ich es auch nicht oder so als redet jemand im Nebenraum.
Ich warte auf Tränen, auf einen theatralischen Zusammenbruch, aber nix passiert. Gar nichts!
Statt dessen erkundige ich mich ob wir nach Schweden fahren können noch vorher und ob der Port noch vor Schweden eingesetzt werden könnte wegen einheilen und so.
Ganz so als ginge es hier um Patientin Lieschen Müller und nicht um mich.

Wir lachen, keine Ahnung über was.
Dann guckt er mich an und sagt: „Sie schaffen das! Es wird ein beschissenes Jahr, aber dann ist es geschafft. Ihr Brustkrebs ist heilbar!“
Jetzt kullern doch ein paar Tränen, aber nur kurz.
Gleich wach ich eh auf oder der Film ist zu Ende.

Ist er nicht!

Wir stapfen wie zwei Roboter in den Blumenladen und kaufen Blumen für den Geburtstag zu dem wir morgen eingeladen sind. 
Andreas hält die ganze Zeit meine Hand und schweigt.

Ich fahre anschließend in die Praxis, um meinen Chefs und Kollegen zu sagen was los ist.
Als ich rein komme, treffen sich unsere Blicke und augenblicklich ist meine Starre weg. Ich heule einfach los und finde mich in einer Art Stuhlkreis aus Kollegen und Chefs wieder. 
Jetzt heulen alle.
Jetzt hab ich allen das Wochenende versaut. 
Na Bravo!

Mein größtes Problem lauert zu Hause.
Wie erkläre ich das Phillip und meinen Eltern???
Stellt man sich da hin und sagt „ach ja heute wurde festgestellt das ich Brustkrebs hab, is aber heilbar sagt der Arzt“
Wie macht man das?

Na schön zuerst informiere ich meine Freundinnen, denen ich ebenfalls den Tag und das Wochenende versaue, aber sie wußten nun mal von dem Termin.
Dann überlege ich mir, das ich aus dem ganzen Käse, der ja nun doch kein schrecklicher langatmiger Film zu sein scheint, nen Blog zu machen.

Und dann erkläre ich es Phillip und meinen Eltern.
Gott steh mir bei oder wer auch immer mir das eingebrockt hat.

1 Kommentar:

  1. Liebe Anett, das hast Du super geschrieben. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, wie es mir damals vor 6 Jahren ergangen ist. Durch meine Brustkrebserkrankung mit Knochenmetas habe ich mich damals auch dazu entschlossen einen Blog über meine Erkrankung zu schreiben. Und ich muss schon sagen, dass das Schreiben mir sehr geholfen hat meine Erkrankung besser zu ertragen. Ich habe hier im Netz schon sehr viele Menschen kennen gelernt. Mein Blog hieß zum Anfang : meinlebenmitbrustkrebs.blogspot.com ud heute bin ich unter www.andrea-v.de zu finden. Ich wünsche Dir weiterhin alles Liebe und Gute und ich hoffe sehr, dass wir uns im November beim Influcancer in Wien treffen. Ganz liebe Grüße von Andrea

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