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Donnerstag, 9. September 2021

Pilgern in Fakten



Meine Reise ist jetzt inzwischen schon wieder knapp 3 Wochen her.

Noch immer arbeiten meine Seele und mein Geist daran während der Körper sich inzwischen erholt hat.

Ich hab sogar schon neue Pläne und verrückte Ideen, die mir gerne auch mal von Freunden ins Ohr gesetzt werden.


Nun dachte ich, könnte ich das Pilgern ja mal ganz nüchtern beleuchten, auch als eine Art Aufarbeitung für mich.

Deswegen erst mal Fakten Fakten Fakten.


Fakt 1 Wer?

Pilgern gegen Krebs ist für an Krebserkrankte egal ob geheilt, in Remission oder metastasiert und deren Angehörige.

Es wird zusammen von der FSH und der Jakobusgesellschaft organisiert, die AOK ist einer der Geldgeber.


Fakt 2   Warum?

Roswitha hat so schön gesagt, in der Therapie heißt es nur all zu oft „du mußt dies, du musst das“, beim Pilgern ist es deine Entscheidung dich da anzumelden oder in deiner Region einfach los zu laufen.

Es ist auch eine Art Mutprobe oder Test, um zu sehen was körperlich noch geht.



Fakt 3   die Strecke 

Insgesamt waren es knapp 140 Kilometer zu laufen.

Laut meiner Fitbit, die ja rund um die Uhr, quasi vom Aufstehen bis zum Zubettgehen aufzeichnet waren es in diesen Tagen 147km Kilometer oder 201700 Schritte.

Wer bei Komoot ist und mir folgt oder folgen möchte (ich bin dort einfach Anett), kann die täglichen Routen ansehen, die einer Mitpilgerin immer für alle aufgezeichnet hat.

Rückblickend schon krass, das ich das tatsächlich gelaufen bin.




Fakt 4  Vorbereitung ist alles

Natürlich geht sowas nicht ohne Vorbereitung.

Zum einen wurde ja für uns die Route von Gela und von Rosi der ganze organisatorische Anteil bezüglich Unterkünfte, Essen und Zuschüsse geplant. Zum anderen stand auch für uns ein Trainingsplan und eine Packliste zur Verfügung, womit wir uns vorbereiten sollten.

Beim packen zählt wirklich jedes Gramm und ich hab tatsächlich ne Sonnenmilch unbenutzt spazieren getragen und auch meine Nussmischung. Ebenso paar Energieriegel.

Das Training sollte man ernst nehmen, den Rücken an den gepackten Rucksack gewöhnen und auch wirklich öfter mal 25km Touren laufen. Es ist mir wirklich ein Rätsel wie da manch einer untrainiert in Spanien startet.



Fakt 5 die Unterkünfte

Wer Bücher gelesen oder Filme übers Pilgern gesehen hat, der weiß, Luxus ist da eher nicht. 

Wir wurden diesbezüglich sehr verwöhnt mit den Unterkünften bis auf eine, die wirklich eher so einer Unterkunft in Spanien entsprach.

Aber am Ende des Tages ist man froh über ein sauberes Bett, ne heiße Dusche, was warmes in den Bauch und Strom für‘s Handy. Alles andere ist Zugabe.



Fakt 6 Herbergseltern

Früher kannte ich die von Jugendherbergen, diesmal durfte ich sie auch von Pilgerherbergen kennenlernen.

Und bin gleich am ersten Abend auf eine ganz besondere Familie in Sieversdorf gestoßen. Sie betreiben die Orgelherberge und sind beruflich mit Orgeln, Musik, als Trauerredner und dergleichen beschäftigt. 

Ein Traum von einem idyllischen Garten, ein Traum von liebevoller Umsorgung und ganz viel Herzlichkeit. Ich wäre am liebsten dort geblieben.

Wer sich für den Job als Herbergseltern interessiert oder helfen möchte, der meldet sich am besten bei der Jakobusgesellschaft des jeweiligen Bundeslandes. 



Fakt 7 die Gruppe

Wir waren 10 Krebspatienten unterschiedlicher Diagnosen und Stadien plus unsere Pilgerführerin.

Ich die Jüngste mit 44, Wolfgang nicht nur unser Hahn im Korb, sondern auch der Älteste von uns mit 70!

Einige kannte ich über Facebook oder die Netzwerkstattkrebs, andere waren mir bis zum ersten Treffen völlig fremd. Aber das war überhaupt kein Problem! Die Stimmung meist gut, jeder hat auf den anderen geachtet, geholfen, drauf geschaut, das keiner zurück bleibt. Bemerkenswert finde ich.


Fakt 8 der Körper 

Ja, wenn ich ehrlich bin, dann hat der Körper schon das ein oder andere Mal gesagt „tu das nie wieder!“, aber es blieb ihm ja nix anderes übrig, ich bin am nächsten Morgen wieder los gelaufen.

Aber, das geb ich ehrlich zu, ich hatte schon ein zwei Etappen wo ich zwischenzeitlich richtig beißen mußte und dann aber stolz auf mich war, durchgehalten zu haben.

Der Körper ist zu so einigem fähig, wenn er muss. Das hier war freiwillig, da spielen Geist und Schweinehund mit rein.

Wichtig ist auf alle Fälle, sich gut um den Körper zu kümmern. Gut essen, reichlich trinken, Pausen machen und das A und O Füße pflegen!


Fakt 9 der Geist

Zu Anfang war der noch ziemlich in Aufruhr. Werde ich das schaffen? Wer sind die anderen? Verstehen wir uns? Was haben die so mit? Hab ich zu viel mit? Und so weiter und so weiter.

Gela hatte oftmals ihre Liebe Not mit ihren Schnattergänsen. 😂

Aber je länger man läuft, umso ruhiger wird’s im Kopf. Bei mir kamen manchmal Kindheitserinnerungen hoch oder neue Ideen, auch paar Texte für den abendlichen Bericht, aber es gab viele viele Phasen, in denen ich einfach nur gelaufen bin, um des Laufens Willen, um anzukommen, um die Schuhe auszuziehen.

Tatsächlich kann der Geist ganz ruhig werden.


Fakt 10 Suchtgefahr?

Ja definitiv!

Ich würde es wieder tun, hab ich noch am Brandenburger Tor gesagt.

Die Etappen vielleicht kürzer und nur zu zweit oder auch alleine.

Sachsen hat tolle Wege, die Ostsee, die Eifel, muss nicht zwingend Spanien sein.

Obwohl da gibt es einen 110km Weg, da hätte ich sogar schon ne Mitläuferin.

Aber das ist eine andere Geschichte ……



Sonntag, 22. August 2021

7. Etappe Tempelhof - Brandenburger Tor

Letzter Tag, letzte Etappe. Leider!

7 Tage verflogen, sind wir nicht erst gestartet?

Gestern Abend saßen wir noch gemütlich beisammen und haben darüber gesprochen wie es für uns war, ob sich unsere Erwartungen erfüllt haben, was wir uns von dieser Woche mitnehmen, was wir in Zukunft damit machen wollen.

Alle wollen weiter laufen. Die einen auf den Wegen der Umgebung, andere vielleicht sogar in Spanien.

Neue Ideen formieren sich, aber es wäre noch zu früh darüber zu sprechen.

Wir alle haben in erster Linie gelernt, das wir körperlich und auch geistig in der Lage sind, solch eine Pilgerwanderung zu schaffen und das trotz überstandener bzw. mit Krebserkrankung!

Die heutige Etappe führte uns vom Motel entlang des Teltow Kanal Richtung S-Bahnhof Attilastraße wo wir schon von Freunden und Bekannten in Empfang genommen wurden. Sie wollten mit uns die letzte Etappe zusammen gehen.

Jeder von uns durfte Kärtchen mit Wünschen und Gedanken versehen und diese wurden dann Ballons befestigt, damit wir sie später steigen lassen können.

Etwa auf Höhe des Schöneberger Südgeländes war es dann so weit:

Ich hoffe unsere Kärtchen werden von den Richtigen gefunden.

Weiter ging es dann vorbei am Südkreuz zur Königin Luise Gedächtniskirche. Dort feierte Theo mit uns einen kleinen Gottesdienst und erteilte uns den Pilgersegen. Ergreifend.

In diesem Rahmen hatte ich die Ehre und Aufgabe mich im Namen aller bei Rosi und Angela für ihre Arbeit, ihre Organisation und ihre Führung zu bedanken und ich hoffe, sie haben Freude an unserem kleinen Geschenk.

Die letzten 5km führten uns am U-Bahnhof Gleisdreieck mit den dazugehörigen großen Parks vorbei, über den belebten Potsdamer Platz bis hin zum Brandenburger Tor.

GESCHAFFT.

Ein unglaubliches Gefühl, das ich momentan nicht in Worte fassen kann.

Die Freude, der Stolz, Zufriedenheit dringen erst langsam zu mir vor. 

Wie so oft hängt der Kopf hinterher.

Meine Freundin Peggy begleitete mich dann weiter durchs Brandenburger Tor wo unter den Linden schon Nella von Nellas Zellenkarussell auf uns wartete. Darüber werde ich aber gesondert schreiben.

Erst mal bin ich am verdauen und realisieren und vor allem den Körper pflegen.

Ihr dürft also gespannt sein auf weitere Beiträge.

In diesem Sinne 

Buen Camino 



Mittwoch, 18. August 2021

4.Etappe Störitzland - Woltersdorf

Wenn der Tag so startet, was will das Pilgerherz dann mehr?

Na gut Kaffee und Frühstück, denn irgendwoher muss die Energie für‘s laufen ja kommen.

Heute standen 15km an. Ein Klacks zu gestern!

Noch dazu auf dem landschaftlich schönsten Weg bisher. Obwohl ich ja sagen muss, mir persönlich haben bisher alle Landschaften und Wege zugesagt, aber heute der, wäre was für eine Fotosafarie.

Nach der Fürbitte für den heutigen Tag, die ich heute lesen durfte, ging es los.

Den Jakobsweg vom Störitzsee entlang zum Löckwitztal.

Schnurgerade Wege durch Kieferwälder. Herr Peter Wohlleben ich verstehe Sie!

Das Löcknitztal bzw. der Löckwitztal Weg ab Bahnhof Fangschleuse war da wesentlich abwechslungsreicher und eine wahre Pracht für‘s Auge.





Herrlich sag ich euch, auch wenn ich feststellen mußte - Kompressionsversorgung schützt nicht vor Mücken und das obwohl ich Insektenabwehr drauf hatte. Na ja ich hoffe die Damen aus dem Mückenschwarm haben gut gespeist.

Am Wupatzsee gab’s Mittagspause, auch ein traumhaftes Fleckchen Erde. Auf der einen Seite der See und auf der anderen Seite die Löcknitz.




Natur pur und das vor den Toren Berlins - in Brandenburg.

Weiter führte uns unser Weg dann Richtung Erkner auf den Waldpoesieweg nach Woltersdorf.


Wo es nochmals eine Pause und das angekündigte Eis gab.


Nach einer längeren Rast mit überraschendem Besuch einer Pilgerfreundin ging es dann weiter zum Quartier für heute, der Begnungs- und Bildungsstätte Woltersdorf.
Nach Dusche und Abendessen ist man in der Tat wieder hergestellt und hat noch Kraft für einen gemütlichen Abend mit der Gruppe.


In mir keimt eine Idee, die ich mit Rosi noch besprechen und Informationen sammeln muss.
Denn der Weg gibt dir nicht was du suchst, sondern das was du brauchst.

Und es wächst in mir ein Gefühl, auch das will aber noch genauer erforscht und erkannt werden.

Buen Camino 






Montag, 16. August 2021

2. Etappe Sieversdorf - Berkenbrück

Heute Etappe Nummer 2, circa 20km.

Der Tag startete mit Sonnenschein und einen fantastischen Frühstück im Garten unter dem Walnussbaum.


Nach einem kurzen Termin mit einem Herren von der Presseagentur ging es los über Feldwege und durch Wälder Richtung Briesen.

Vorbei an alten Buchen- und Akazienwälder und natürlich über den Sand des Odervorlandes.



Die erste große Pause gab es am Gutshof Klostermühle.





Leider war es nicht möglich im Biergarten zu sitzen, also sind wir spontan auf die benachbarte Wiese ausgewichen. Ein Pilger ist genügsam.


Und weiter geht’s, auf nach Briesen.



Herrlich so in der Natur, auch wenn mein Steißbein heute nicht glücklich mit mir ist.

In Briesen war erst shoppen bei Edeka und dann Mittagspause an der Kirche.


Dass letzte Stück fand ich ganz schön heftig.

Mein Steißbein jodelte so vor sich hin, Knie und Füße kamen dazu, aber ich hab mich bis zum Ziel durchgebissen. Ähnlich wie in der Therapie.

Überhaupt war es heute so, das ich gelaufen bin ohne groß nachzudenken und den anderen entweder hinterher oder mal mit vorn weg gelaufen. 

Getreu der heutigen Fürbitte:

„Die zweite Etappe liegt vor mir. Vielleicht spüre ich Muskelkater von gestern oder die Füße tun noch weh. Doch ich übernehme Verantwortung für mich, für mein Ziel. Mein Tempo, meine Ausdauer werden heute zu meinem Maß.“

Und genau das sollte man sich auch für den tägliches Leben auch annehmen.

Und so haben wir den Abend bei Pizza, Nudeln und Wein in der heutigen Herberge beschlossen.




Buen Camino